4.2.2 Entwicklung der beruflichen Bildung

Prof. Dr. Werner Widuckel beschreibt in seinem Text „Arbeit 4.0 braucht Bildung 4.0“ die Notwendigkeit einer zukunftsorientierten Ausgestaltung von Bildung um den radikalen Wandel der Erwerbsarbeit durch Globalisierung, Flexibilisierung und Digitalisierung zu meistern (vgl. Widuckel 2017), da nur eine Bildung 4.0 „der Veränderung von Lebens- und Arbeitsverhältnissen Rechnung trägt“ (ebd. S. 6). Widuckel beschreibt die Veränderungen in der Arbeit 4.0 und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Bildung als Befähigung, diese Veränderungen zu meistern. Er zieht das Fazit, dass das Ziel einer Bildung 4.0 sein müsse, die notwendigen Befähigungen zu vermitteln, diesen Wandel mitzugestalten (vgl. ebd. S. 7). Im 2018 erschienenen Gutachten des Aktionsrates Bildung zum Thema „Digitale Souveränität und Bildung“ spricht der Aktionsrat auch für den schulischen Teil der Berufsausbildung im digitalen Zeitalter explizite Handlungsempfehlungen aus (vgl. Aktionsrat Bildung 2018, S. 231ff.):

  • „Die Ausbildungsordnungen und schulischen Rahmenpläne sollten auf der Grundlage umfassender Analysen der Anforderungen durch die Digitalisierung überarbeitet werden.“ (ebd.).
  • „Digitale Alltagskompetenzen müssen genauso grundlegender Teil der schulischen Ausbildung sein wie spezifischere Methodenkenntnisse (z. B. Umgang mit Big Data).“ (ebd.).
  • „Aufbauend auf eine solche digitale Grundbildung muss in den Ausbildungsordnungen und den Rahmenlehrplänen für alle Berufsbilder die Vermittlung spezifischer IT-Kenntnisse verankert werden. Eine auf die konkreten Qualifikationsanforderungen am Arbeitsplatz ausgerichtete Spezialisierung in der Erstausbildung sowie in späteren Aus- und Weiterbildungsphasen ist zielführend.“ (ebd.).
  • „Um die Chancen digitaler Medien stärker zu nutzen, sind Tools zur Individualisierung des Lernens, zur Anbindung von theoretischen Inhalten an die Praxis sowie zur Vernetzung von Berufsschule und Ausbildungsbetrieb voranzutreiben. Auch die Chancen zur Vernetzung durch die Entwicklung gemeinsamer Weiterbildungsmodule zum Thema Digitalisierung für Lehrkräfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder sollten verstärkt genutzt werden.“ (ebd.).
  • „Für alle Berufsschullehrkräfte muss ein umfassendes und bedarfsorientiertes Personalentwicklungsprogramm mit dem Ziel der Vermittlung digitaler Lehrkompetenzen gestartet werden. Dieses ist fortlaufend zu evaluieren.“ (ebd.).
  • „Bei der technischen Ausstattung der beruflichen Schulen muss auf die Interessen und Präferenzen der Ausbildungsbetriebe (z. B. in Bezug auf die Auswahl der verwendeten Software) Rücksicht genommen werden.“ (ebd.).

Der DIHK plädiert dafür, die im Koalitionsvertrag mit dem Berufsbildungspakt beschlossene Ausstattungsoffensive rasch umzusetzen und merkt dabei aber an, dass die Investitionssumme von fünf Millarden Euro über fünf Jahre für die Digitalisierung aller Schulen schätzungsweise nicht ausreichen wird, da allein die Berufsschulen 2,5 Millarden Euro davon benötigen würden und diese aufgrund des Fachkräftemangels und der Entwicklungen der Industrie 4.0 eine gesonderte Stellung einnehmen müssten (vgl. DIHK 2017, S. 4).

Auch der Monitor Digitale Bildung kommt zu dem Ergebnis, dass die technische Infrastruktur noch zu schwach ist (vgl. Schmid, Goertz & Behrens 2017). 97% der Berufsschullehrer nutzen das Internet für Recherchen, vor allem YouTube, Wikipedia und Google. Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass geringer qualifizierte Auszubildende digital affiner sind und den SuS mit allgemeiner Hochschulreife gegenüber motivierter und aufgeschlossener zu digitalen Lernmedien stehen. Die Studie zeigt außerdem auf, dass Lehrkräfte überwiegend einen erhöhten zeitlichen Aufwand wahrnehmen, der nicht kompensiert wird und für den die entsprechenden Regelungen fehlen. Auch wir haben festgestellt, dass der Einsatz digitaler Lernszenarien ohne strukturelle Verankerung und z. B. IT-Support (der nicht von der Lehrkraft betrieben wird) vom Zeitaufwand her in einem schlechten Verhältnis steht.