2.7 Kooperation und Kollaboration

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Erfolgreiches Lernen ist von vielen Faktoren abhängig. Neben der Motivation und kognitiven Fähigkeiten der Lernenden spielt auch die soziale Interaktion eine entscheidende Rolle. Zum einen ist Lernen als ein beständiges sich mit der Welt auseinandersetzen ohnehin nie frei von sozialen Aspekten denkbar, zum anderen lassen sich kollaborative oder kooperative Settings aber auch gezielt zum erfolgreichen Lernen nutzen. Gerade kompetenzorientierte Ansätze in der Didaktik erfordern es häufig, komplexere Probleme mit Unterstützung von Dritten zu lösen. Hier spielen neben der Interaktion und Unterstützung durch die Lehrkräfte Lehrperson auch die Mitlernenden Mitschüler_innen häufig eine entscheidende Rolle, etwa dann, wenn Gruppenarbeit gefragt ist und innerhalb von Gruppen Formen der Teamarbeit erprobt und entwickelt werden sollen, Arbeitsteilung bei der Aufgabenbewältigung vorgenommen werden muss oder auch wenn durch die verschiedenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder erst im Zusammenspiel ein Problem gelöst werden kann.  
Erfolgreiches Lernen ist von vielen Faktoren abhängig. Neben der Motivation und kognitiven Fähigkeiten der Lernenden spielt auch die '''soziale Interaktion''' eine entscheidende Rolle. Zum einen ist Lernen als ein beständiges Sich-mit-der-Welt-auseinandersetzen ohnehin nie frei von sozialen Aspekten, zum anderen lassen sich kollaborative oder kooperative Settings aber auch gezielt zum erfolgreichen Lernen nutzen.  


Oft wird – insbesondere im englischsprachigen Raum – zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen (cooperative learning vs. collaborative learning) unterschieden, wobei das unterscheidende Kriterium die Art der Arbeitsteilung bei der Zusammenarbeit ist (Arnold e.a. 2011, 33, Reinhmann-Rothmeier & Mandl. 1999, Dillenbourg. 1999). Kooperatives Lernen bezeichnet nach dieser Unterscheidung Situationen, in denen mehrere Personen zwar in einer gemeinsamen Umgebung lernen, wobei sowohl sowohl das „Lernen“ jedoch äußerst breit verstanden werden kann als auch die Anzahl der involvierten Personen.  Wichtig ist einzig, dass in irgendeiner Form im Rahmen eines gemeinsamen Settings gelernt wird, sei es in einem Face-to-Face-Settings, über computerunterstützte bzw. oder webbasierte Umgebungen oder eben über ein Blended-Learning-Format. Beim kooperativen Lernen wird der Lernprozess dann oft durch arbeitsteilige Maßnahmen strukturiert, in dem etwa verschiedene Personen unterschiedliche Teilaspekte eines Themas vertiefen und den anderen Lernenden präsentieren.  
Gerade kompetenzorientierte Ansätze in der Didaktik erfordern es häufig, komplexere Probleme mit Unterstützung von Dritten zu lösen. Hier spielen neben der Interaktion und Unterstützung durch die Lehrkräfte (LuL) auch die Mitlernenden (SuS) häufig eine entscheidende Rolle, etwa dann, wenn
* Gruppenarbeit gefragt ist und innerhalb von Gruppen Formen der Teamarbeit erprobt und entwickelt werden sollen, 
* Arbeitsteilung bei der Aufgabenbewältigung vorgenommen werden muss oder auch wenn 
* durch die verschiedenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder erst im Zusammenspiel ein Problem gelöst werden kann.  


Kollaboratives Lernen setzt nach dieser Unterscheidung ein weniger arbeitsteiliges, engeres und stärker aufeinander abgestimmtes Zusammenarbeiten zwischen den Lernenden voraus, wobei ein  und ein gemeinsames Ziel auf das gemeinsam hingearbeitet  verfolgt wird. Kollaboration ist demnach als fest abgesteckter Prozess zu sehen, bei dem gemeinsam ein Ergebnis konstruiert wird, auf das von Anfang an hingearbeitet wird. Während beim kooperativen Lernen der Gegenstand des Lernens sehr breit gefasst ist und die in den Lernprozess involvierten Akteure nicht unbedingt gemeinsam und synchron zu einem Lernergebnis kommen müssen, ist es beim kollaborativen Lernen ein begriffsbestimmendes Merkmal, dass die Akteure gemeinsam, systematisch, koordiniert und kontinuierlich auf etwas konstruieren.
Oft wird – insbesondere im englischsprachigen Raum – zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen (cooperative learning vs. collaborative learning) unterschieden, wobei das unterscheidende Kriterium die '''Art der Arbeitsteilung bei der Zusammenarbeit''' ist (vgl. <cite id="5f1fdece84a26">Arnold+2003</cite>, <cite id="5f1fdece84a2d">Renkl+&+Mandl+1995</cite>, <cite id="5f1fdece84a31">Laal+&+Laal+2012</cite>, <cite id="5f1fdece84a36">Dillenbourg+1999</cite>).  


Die Unterscheidung zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen ist jedoch nicht trennscharf und wird im Sprachgebrauch – sowohl im deutschen als auch im englischen oft uneinheitlich verwandt, so dass sich auch eingebürgert hat, das kooperative Lernen als Oberbegriff zu verwenden (Arnold, 34).
<loop_figure title="Kooperatives Lernen" description="Eigene Darstellung" id="5eb2cf34e45ae">[[File:kooperation_des_gra_de.png]]</loop_figure>


<loop_area type="citation">„Mit dieser Sandwichmethode werden insbesondere kommunikative Prozesse und das kollaborative Arbeiten mit Inhalten gefördert. Diese Form ist besonders geeignet für Online-Aktivitäten und Übungen, Lernende können ihre Ideen praktizieren und ausprobieren. Hier bieten sich auch Online-Tests an, damit sie ihr Verständnis über einen Lerngegenstand bewerten können, Online-Diskussionen, damit sich Lernende in einer Seminardiskussion über einen längeren Zeitraum behaupten können und vor allem kollaborative Lernaktivitäten, damit Lernende in Projekten zusammenarbeiten können, ohne notwendigerweise in einem gemeinsamen physikalischen Raum zu sein.“ (Czerwionka & Witt. 2006, S. 104)</loop_area>
'''Kooperatives Lernen''' wird demnach als arbeitsteiliger Prozess verstanden. Grundlage dafür ist eine gemeinsame Umgebung in der gelernt wird, sei es ein
* gemeinsames Face-to-Face-Setting,
* eine computerunterstützte bzw. webbasierte Umgebung oder  
* ein Blended-Learning-Format.  


Nückels, M., Renkl, A., & Fries, S. (2005). Wechselseitiges Kommentieren und Bewerten von Lernprotokollen in einem Blended Learning Arrangement - In: Unterrichtswissenschaft 33 (2005) 3, S. 227-243 - URN: urn:nbn:de:0111-opus-57951. Unterrichtswissenschaft, 2005(3), 227–243.
Der Lernprozess wird beim kooperativen Lernen zusätzlich oft durch arbeitsteilige Maßnahmen strukturiert, indem etwa verschiedene Personen unterschiedliche Teilaspekte eines Themas vertiefen und beispielsweise den anderen Lernenden präsentieren. Kooperatives Lernen setzt nach dieser Unterscheidung ein '''arbeitsteiliges, aufeinander abgestimmtes Zusammenarbeiten''' zwischen den Lernenden voraus, wobei ein '''gemeinsames Ziel''', auf das gemeinsam hingearbeitet, verfolgt wird.  
 
<loop_figure title="Kollaboratives Lernen" description="Eigene Darstellung" id="5eb2cf34e45b8">[[File:kollaboration_des_gra_de.png]]
</loop_figure>
 
'''Kollaboratives Lernen''' ist dagegen als gemeinsamer Prozess zu sehen, bei dem '''gemeinsam ein Ergebnis konstruiert''' wird, auf das von Anfang an auch gemeinsam hingearbeitet wird. Alle Lernende sind bei kollaborativen Lernen bei allen Lern- und Arbeitsschritten beteiligt und bringen sich ein.
 
<loop_area type="notice">Während beim '''kooperativen Lernen''' der Gegenstand des Lernens sehr breit gefasst ist und die in den Lernprozess involvierten Akteure nicht unbedingt gemeinsam und synchron zu einem Lernergebnis kommen müssen, ist es beim '''kollaborativen Lernen''' ein begriffsbestimmendes Merkmal, dass die Akteure im gesamten Prozess gemeinsam, systematisch, koordiniert und kontinuierlich etwas konstruieren, die Erarbeitung erfolgt also in jedem Schritt gemeinsam.</loop_area>
 
Im Verlauf eines Lernprozesses werden abwechselnd kooperative und kollaborative Phasen eingebaut. Die Unterscheidung zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen ist jedoch nicht trennscharf und wird im Sprachgebrauch – sowohl im deutschen als auch im englischen - oft uneinheitlich verwandt, sodass sich auch eingebürgert hat, das '''kooperative Lernen als Oberbegriff''' zu verwenden (vgl. <cite page=34 id="5eb953598d108">Arnold+2003</cite>).
 
Die begriffliche Unschärfe findet sich in der Praxis bspw. in der sog. '''Sandwichmethode''' wieder, mit der kommunikative Prozesse beim kooperativem Lernen gefördert werden. Bei dieser Methode können die Lernenden
* bei Online-Aktivitäten und Übungen ihre Ideen ausprobieren,
* bei Online-Tests den Verstehensprozess bewerten,
* in Online-Diskussionen den eigenen Standpunkt erarbeiten und argumetativ vertreten und
* bei koopertativem und koollaborativem Lernen in gemeinsamen Projekten zusammenarbeiten. (vgl. <cite page=104 id="5eb953598d10e">Czerwionka+&+Witt+2006</cite>)

Aktuelle Version vom 28. Juli 2020, 09:16 Uhr

Erfolgreiches Lernen ist von vielen Faktoren abhängig. Neben der Motivation und kognitiven Fähigkeiten der Lernenden spielt auch die soziale Interaktion eine entscheidende Rolle. Zum einen ist Lernen als ein beständiges Sich-mit-der-Welt-auseinandersetzen ohnehin nie frei von sozialen Aspekten, zum anderen lassen sich kollaborative oder kooperative Settings aber auch gezielt zum erfolgreichen Lernen nutzen.

Gerade kompetenzorientierte Ansätze in der Didaktik erfordern es häufig, komplexere Probleme mit Unterstützung von Dritten zu lösen. Hier spielen neben der Interaktion und Unterstützung durch die Lehrkräfte (LuL) auch die Mitlernenden (SuS) häufig eine entscheidende Rolle, etwa dann, wenn

  • Gruppenarbeit gefragt ist und innerhalb von Gruppen Formen der Teamarbeit erprobt und entwickelt werden sollen,
  • Arbeitsteilung bei der Aufgabenbewältigung vorgenommen werden muss oder auch wenn
  • durch die verschiedenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder erst im Zusammenspiel ein Problem gelöst werden kann.

Oft wird – insbesondere im englischsprachigen Raum – zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen (cooperative learning vs. collaborative learning) unterschieden, wobei das unterscheidende Kriterium die Art der Arbeitsteilung bei der Zusammenarbeit ist (vgl. Arnold 2003, Renkl & Mandl 1995, Laal & Laal 2012, Dillenbourg 1999).

Kooperation des gra de.png

Kooperatives Lernen wird demnach als arbeitsteiliger Prozess verstanden. Grundlage dafür ist eine gemeinsame Umgebung in der gelernt wird, sei es ein

  • gemeinsames Face-to-Face-Setting,
  • eine computerunterstützte bzw. webbasierte Umgebung oder
  • ein Blended-Learning-Format.

Der Lernprozess wird beim kooperativen Lernen zusätzlich oft durch arbeitsteilige Maßnahmen strukturiert, indem etwa verschiedene Personen unterschiedliche Teilaspekte eines Themas vertiefen und beispielsweise den anderen Lernenden präsentieren. Kooperatives Lernen setzt nach dieser Unterscheidung ein arbeitsteiliges, aufeinander abgestimmtes Zusammenarbeiten zwischen den Lernenden voraus, wobei ein gemeinsames Ziel, auf das gemeinsam hingearbeitet, verfolgt wird.

Kollaboration des gra de.png

Kollaboratives Lernen ist dagegen als gemeinsamer Prozess zu sehen, bei dem gemeinsam ein Ergebnis konstruiert wird, auf das von Anfang an auch gemeinsam hingearbeitet wird. Alle Lernende sind bei kollaborativen Lernen bei allen Lern- und Arbeitsschritten beteiligt und bringen sich ein.

Hinweis

Während beim kooperativen Lernen der Gegenstand des Lernens sehr breit gefasst ist und die in den Lernprozess involvierten Akteure nicht unbedingt gemeinsam und synchron zu einem Lernergebnis kommen müssen, ist es beim kollaborativen Lernen ein begriffsbestimmendes Merkmal, dass die Akteure im gesamten Prozess gemeinsam, systematisch, koordiniert und kontinuierlich etwas konstruieren, die Erarbeitung erfolgt also in jedem Schritt gemeinsam.

Im Verlauf eines Lernprozesses werden abwechselnd kooperative und kollaborative Phasen eingebaut. Die Unterscheidung zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen ist jedoch nicht trennscharf und wird im Sprachgebrauch – sowohl im deutschen als auch im englischen - oft uneinheitlich verwandt, sodass sich auch eingebürgert hat, das kooperative Lernen als Oberbegriff zu verwenden (vgl. Arnold 2003, S. 34).

Die begriffliche Unschärfe findet sich in der Praxis bspw. in der sog. Sandwichmethode wieder, mit der kommunikative Prozesse beim kooperativem Lernen gefördert werden. Bei dieser Methode können die Lernenden

  • bei Online-Aktivitäten und Übungen ihre Ideen ausprobieren,
  • bei Online-Tests den Verstehensprozess bewerten,
  • in Online-Diskussionen den eigenen Standpunkt erarbeiten und argumetativ vertreten und
  • bei koopertativem und koollaborativem Lernen in gemeinsamen Projekten zusammenarbeiten. (vgl. Czerwionka & Witt 2006, S. 104)