Die Zwischenbefragung evaluierte die Erfahrungen der Auszubildenden bis etwa zur Mitte des Schuljahres und diente vor allem als übergeordnetes Feedback an die Lehrkräfte zur weiteren Planung der zukünftigen Lehreinheiten. Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse der Gruppendiskussionen dargelegt und mit Originalzitaten unterstrichen.
Sehr deutlich stellte sich in der Zwischenevaluation die für die Auszubildenden wichtige Bedeutung der Gruppe heraus. Bereits in der Vorherbefragung wurde ersichtlich, welch hohen Stellenwert Peergroup stärkende Aspekte der digitalen Lehre für die SuS haben. Für die SuS birgt die digitale Lehre Potenziale, sich online zu verabreden um Hausaufgaben gemeinsam zu machen oder zusammen für eine Prüfung zu lernen. Die SuS haben sich digital gegenseitig unterstützt, so konnte eine Schülerin mit der Erklärung eines Mitschülers durch die Niedrigschwelligkeit der Situation ein Thema für sich erschließen. Ein Schüler wurde zum Wissenslieferant und hat dadurch selbst die Thematik besser verstanden und intensiver erlebt. Diese Prozesse verharren aber nicht nur auf der inhaltlichen Ebene. Einer der Schüler mit besonders ausgeprägten medialen Kompetenzen konnte über die Bildschirmsteuerung den SuS seiner Klasse helfen, technische Probleme wie Mikrofoneinstellungen zu beheben. Des Weiteren wurde die schulübergreifende Kollaboration positiv bewertet, da die digitale Diskussionsstrategie durch das direkte Feedback und die Kommentar- bzw. Antwortmöglichkeit Anreize bietet.
Christof: „wie eben schon gesagt wurde, es muss ja nicht nur um dieses eine Lernfeld gehen, sondern man kann zuhause auch dann sich online treffen um beispielsweise miteinander Hausaufgaben zu machen in dieser Plattform, oder ja was auch immer, sich gemeinsam auf eine Prüfung vorzubereiten und ich finde, dadurch hat das halt mega Potenzial.“
Bettina: „Zum Beispiel ich war mit Gustav in einer Gruppe, da war/ ich habe es überhaupt nicht verstanden und er hats mir dann nochmal mit seinen Worten gleich erklärt und sowas, also, das war schon sehr gut.“
Andre: „Ja ich wollt sagen bei dem spezifischen Thema Angebot- und Nachfragefunktion, wo wir halt in diesen Kleingruppen gearbeitet haben (...) da hab ich tatsächlich mit am meisten gelernt, weil ich zwischendurch Verständnisfragen von Helen hatte und das hab ich ihr alles erläutert und dadurch hab ich dann den Nachmittag auch so n bisschen intensiver erlebt. Wenn man‘s selber erklären kann hat man‘s auf jeden Fall verstanden. Das ist Fakt und deswegen konnt ich da Helen noch n bisschen bei n paar Verständnisfragen helfen und weil wir eben auch zusammen dieses Thema erarbeitet haben das fand ich gut.“
Marius: „Am Anfang halt habe ich dann allen versucht die Technik zu erklären, wie es funktioniert, das war so ein bisschen anstrengend. (...) Wir haben in der ersten Videokonferenz, ich kann ja denen ihre Bildschirme auch angucken und freigeben und so konnte ich das entweder selbst einstellen oder halt an meinem Bildschirm zeigen wann ich wo wie hin muss. (...) Wie man das richtige Mikrofon ausgewählt etc.“
Nico: „Mir hat die Diskussion gefallen. Dass Herr Becker da eine Frage reingestellt hat, da konnte dann jeder, auch die Duderstäder dazu Beiträge dazu/ äh das man sein Kommentar abgeben kann. Und ich habe dann halt öfter mal reingeschaut und geguckt, was die geschrieben haben. Das war halt sehr übersichtlich. Man hat Antworten gekriegt sage ich mal, auf seine Beiträge und das war ganz interessant.“
Nico: „Also Herr Becker hat was reingeschrieben, eine Frage sag ich mal. Und dann hat jeder was dazu geschrieben. Man kann halt auch ausm Internet einen Link einfügen und den dann hinterhängen sag ich mal in diesem Beitrag und das ist dann relativ (2) cool sag ich mal. Kriegt man Antworten dann kann man wieder weiterdiskutieren. Das war interessant.“
Die Gruppe der SuS wünscht sich Struktur und klare Rahmen. Auch in der Endevaluation nimmt dieser Aspekt einen hohen Stellenwert ein. So sind z.B. klar terminierte Abgabetermine unerlässlich, da der Druck als notwendig empfunden wird. Die Umgewöhnung an die digitale Lehre braucht Zeit und sollte sukzessive gemeinsam erfolgen. Die digitale Lehre bietet die Chance, SuS niedrigschwelliger anzusprechen und über die digitale Arbeitsweise selbst nachzurecherchieren, was dem Zeitgeist entspricht.
Andre: „Ich find es schon gut, dass man so eine Deadline setzt, weil ich kenn mich selber, irgendwann ist es dann so ‚ne mach ich heut nicht, mach ich morgen‘, also dann kommt die Faulheit raus und so weiß man gut jetzt ist Sonntag, ich muss es in drei Stunden abgeben.“
Liam: „Ist halt eine Umgewöhnung, die man vielleicht später, zum späteren Zeitpunkt vielleicht dann irgendwie besser findet als normale Schule (...) aber aktuell halt ist es noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig“
Marius: „Das habe ich bis jetzt im ganzen Projekt gesagt, dass wenn man das vernünftig angeht, alle zusammen an einem Strang quasi ziehen, dann kann das auch wirklich funktionieren. Und das schaffen wir hier von Sitzung zu Sitzung immer mehr. (...) Also das ist mir so aufgefallen, dass wir uns hier gegenseitig unterstützen und äh das wir dadurch Probleme auch selbst beseitigt haben und ja.“
Marius: „Ich finde es halt auch super, es funktioniert. Und ähm ich find‘s zum Teil sogar besser als hier, weil wenn ich hier jetzt sitze und ähm, hab mein Buch und mein Schreibkram. Aber im Buch steht ja nicht immer alles und manchmal steht es ja im Buch auf einer so hohen Ebene, wo du dir einfach denkst ‚wie komm ich da hin‘. So und am PC zum Beispiel, gerade weil wir ja in einer modernen Zeit leben, machst du auf einem zweiten Tab oder auf einem zweiten Bildschirm wo auch immer dann so eine Suchmaschine auf, wo du halt schnell mal eine einfachere Erklärung raussuchen kannst.“
Die SuS erwähnen, dass sie auch mal bei der Arbeit in der Lernplattform nachgeschaut haben, wenn gerade kein Kunde da war, um nachzusehen ob es etwas Neues gibt. Ein weiterer Vorteil ist die räumliche und zeitliche Flexibilität. Der Zugriff auf das Wissen und Aufgaben, ohne Bücher oder Mappen transportieren zu müssen. Hinzu kommt, dass etwas „Neues“ immer besondere Anreize hat, was sich für die SuS in erhöhter Motivation und höherem Spaß am Lernen äußert.
Bettina: „Also zum Lernen ist es halt eigentlich sehr gut, du kannst überall mit deinem Handy egal wo du gerade bist, du kannst auch im Urlaub sein, ähm, kannst du trotzdem auf diese Plattform drauf gehen und dir alles nochmal durchlesen. Und du kannst überall lernen, musst nicht immer dein Buch mitschleppen, sondern das Handy hat man immer dabei.“
Christof: „Was halt schön war vor allen Dingen jetzt in der Anfangsphase es ist mal was anderes so. Weil in den anderen Fächern sitzt man hier und hat halt immer nur dieses, ja, ich sage jetzt mal diesen Block vorm Kopf und so hat man halt mal/ es ist was anderes für uns jetzt. Wir sitzen vorm Computer oder arbeiten viel mit dem Computer zusammen und (.) ja das merkt man, dass da ne ganz andere Motivation da ist. Zumindest bei mir, ich habe jetzt mehr Spaß in dem Fach (...) Die Motivation ist auf jeden Fall höher.“
Janina: „Ich bin leider hell auf begeistert von diesem Ding (lacht). Ich find es ist einfach mal ein, ein anderes Lernen. Und ich finde auch es ist, ich will nicht sagen einfacher, aber (...).“
Die SuS glauben nicht, dass die Verlagerung von Lerneinheiten in den Betrieb sinnvoll ist, da sie an der Umsetzbarkeit zweifeln. Wenn im Betrieb viel los ist und man weiß, dass da ein Azubi sitzt, der eigentlich nur der Schule wegen gerade da ist, den man aber dringend am Empfang oder bei der Kundenbetreuung bräuchte, dann kann das zu Komplikationen führen. Diese Bedenken werden von den Lehrkräften und auch selbstkritisch von den Vertreterinnen und Vertretern der Betriebe geteilt und haben sich durch einen Probedurchlauf in den Betrieben auch bestätigt.
Schüler und Schülerinnen