Aus der wirtschaftlichen Perspektive bietet eine im Zeitalter der Digitalisierung zeitgemäße duale Berufsausbildung neben den trivialen positiven Effekten von gesteigerter Medienkompetenz etc. auch eine Möglichkeit, die Situation am Ausbildungsmarkt von insbesondere ländlichen Regionen zu verbessern. Die Berufsschulen in besagten Regionen befinden sich fast ausnahmslos in einem Teufelskreis (s. nachfolgende Abbildung). Aufgrund sinkender Ausbildungszahlen im ländlichen Raum sinken auch die Zahlen der SuS an den Berufsschulen, was dazu führt, dass standortnahe Bildungsangebote unter Druck geraten und unter Umständen geschlossen werden. Die Folge daraus ist eine standortferne Beschulung, welche zu einem Attraktivitätsverlust des Ausbildungsganges in der Region führt. Dieser Attraktivitätsverlust führt in letzter Konsequenz weiter zu sinkenden Ausbildungszahlen und verstetigt dadurch den Prozess der Abwärtsspirale.
In der aktuellen DIHK Unternehmensbefragung zur Ausbildung von 2018 taucht die zu große Entfernung zur Berufsschule als drittstärkster Faktor der Ausbildungshemmnisse auf (vgl. DIHK 2018a, S. 18f). Im Vergleich zu den Vorjahren ist hier eine sukzessive Steigerung zu beobachten. Waren es 2016 noch 15% der Unternehmen, welche die zu große Entfernung zur Berufsschule als Ausbildungshemmnis angegeben haben, so stieg der Wert 2017 auf 19% und 2018 sogar auf 23%, also jährlich um vier Prozentpunkte (vgl. ebd. S. 19). In der Umfrage wird konstatiert: „Weite Wege zur Berufsschule werden immer mehr zur Hürde. Sowohl für den Ausbildungsbetrieb als auch für die Auszubildenden sind betriebs- und wohnortnahe Berufsschulstandorte von großer Bedeutung, wenn es darum geht, Fachkräfte in der Region zu halten. Das gilt insbesondere für Berufsschulangebote im ländlichen Raum. Hier wird es für Unternehmen immer schwieriger, geeignete Auszubildende zu finden.“ (ebd.). Diese Zusammenfassung spiegelt sehr deutlich, wie die oben dargestellte Abwärtsspirale aus der Perspektive der Unternehmen wahrgenommen wird. Sowohl die Berufsschulen als auch die Unternehmen in ländlichen Regionen sind von dieser Situation betroffen und brauchen Handlungsoptionen, um eine funktionierende Infrastruktur als Grundlage gelingender dualer Berufsausbildung sicherstellen zu können. Im digitalen Wandel nehmen die notwendigen Kompetenzen auch für die Unternehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Für 72% der Unternehmen werden IT-Kompetenzen in Zukunft einen höheren Stellenwert haben (vgl. ebd. S. 9). „Um Jugendliche auf Wirtschaft 4.0 vorzubereiten, wird die Vermittlung von Medienkompetenz bereits in der Schule zur Schlüsselqualifikation.“ (ebd.). Neben den individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten spielen für die Unternehmen aber auch infrastrukturelle und technische Parameter eine wichtige Rolle. Der Stand der Digitalisierung wird von den Unternehmen durchwachsen bewertet (Vgl DIHK 2017, S. 19). Die von der DIHK ausgewertete Umfrage unter dem Titel „Wachsende Herausforderungen treffen auf größeren Optimismus“ wurde im Dezember 2017 als „IHK-Unternehmensbarometer zur Digitalisierung 2017“ veröffentlicht. Als ein Ergebnis wurde konstatiert, dass „bei allen Branchen an erster Stelle der Wunsch nach einer leistungsfähigen flächendeckenden Breitbandinfrastruktur“ (DIHK 2017, S. 3) steht. Trotz der im Vergleich zur letzten Umfrage positiveren Selbsteinschätzung der Unternehmen zum Stand der Digitalisierung, werden große Potenziale zur weiteren digitalen Entwicklung gesehen (vgl. ebd. S. 3).
Der DIHK legt in seinen Eckpunkten zur Digitalisierung unter anderem einen Fokus darauf, wie die Wirtschaft von der Bundesregierung im Zuge der Digitalisierung unterstützt werden sollte (vgl. DIHK 2018b). Hierfür wurden zwölf Kernpunkte benannt, bei denen der fünfte wie folgt lautet: „Um die Wirtschaft bei der Digitalisierung zu unterstützen, sollte die Bundesregierung sich dafür einsetzen, digitale Basiskompetenzen in den Schulcurricula sowie in der Lehrerbildung zu vermitteln.“ (ebd. S. 5). Thematisiert wird dabei unter anderem die Notwendigkeit, die technische Ausstattung an den Schulen zu verbessern und den Berufsschulen im Zuge der Digitalisierungsstrategien eine gesonderte Rolle zuzuordnen, „damit die jungen Fachkräfte am Ende ihrer Ausbildung den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gewachsen sind und gut vorbereitet in ihren Beruf starten können.“ (ebd.). Es gilt also, Kompetenzen für das digitale Zeitalter zu schaffen. Aus Sicht der IHK- Organisation sind dazu folgende Punkte zu berücksichtigen (vgl. ebd. S. 18f.):
Diese umfangreichen Forderungen aus der Perspektive der Wirtschaft sind als Grundlagen zu betrachten, um die erforderlichen digitalen Kompetenzen für das kommende, digitalisierte Zeitalter zu schaffen. Auch im IHK-Magazin Position in der ersten Ausgabe von 2018 nimmt das Stärken und Rüsten von Berufsschulen für das digitale Zeitalter einen hohen Stellenwert ein, für den sich die DIHK und die Lehrerverbände gemeinsam einsetzen. So formuliert Dr. Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer: „Schulen müssen zeitgemäß technisch ausgestattet sein und Lernprozesse ins digitale Zeitalter überführt werden.“ (DIHK 2018c, S. 16). Die Multi-Media BbS in Hannover ist laut Schulleiter Joachim Maiß bereits auf einem guten Weg. Auf lange Sicht sollen die Schülerinnen und Schüler von überall aus auf Informationen zugreifen können, so dass das Lernen zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich sein kann. Im Positionspapier „Starke Partner in der Ausbildung: leistungsfähige Berufsschulen in den Regionen sichern“ zeigen der DIHK und die Lehrerverbände auf, in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht, um die duale Berufsausbildung weiterhin attraktiv für junge Menschen zu gestalten (vgl. DIHK, BLBS & VLW 2017, S. 1):
Im Positionspapier wird thematisiert, dass die weite Entfernung zur Berufsschule nicht nur ein Ausbildungshemmnis darstellt, sondern neben dem weiten Anfahrtsweg für Auszubildende auch den Unternehmen in ihrer Region unter Umständen qualifizierte Ausbildungs- und Ansprechpartner fehlen, was zu einer weiteren Schwächung der ländlichen Standorte und zu der Gefahr führt, dass Ausbildungsberufe in der Region aufgrund der daraus resultierenden niedrigen Schülerzahlen nicht mehr angeboten werden können (vgl. ebd. S. 1f). Der DIHK und die Lehrerverbände sehen Potenzial zur Sicherung des Berufsschullehrkräftenachwuchses vor allem in Attraktivität und Ansehen, was sich auch auf die Arbeitsbedingungen bezieht. Zu diesen guten Arbeitsbedingungen gehört demzufolge eine moderne Ausstattung der Schule und auch mit digitalen Lernmedien. Diese Handlungsempfehlung schließt nahtlos an Punkt drei an, die Berufsschulen zu modernisieren und so für die Digitalisierung auszurüsten (vgl. ebd. S. 4f). Eine zeitgemäße Ausstattung der Berufsschule ist für den Ausbildungserfolg unabdingbar. Wie viele andere Projekte und Akteurinnen sowie Akteure in diesem Bereich empfehlen auch der DIHK und die Lehrerverbände neben dem zukunftsfähigen Ausbau der Breitbandinternetzugänge einen zuverlässigen IT-Support für die Berufsschulen einzurichten, um Lehrkräfte zu entlasten (vgl. ebd. S. 5).
Schüler und Schülerinnen
Industrie- und Handelskammer