2.5 Qualität

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Basierend auf Erfahrungen mit dem weiterbildenden Online-Studienprogramm Educational Media zählt Witt (2003) folgende Kriterien auf:   
Basierend auf Erfahrungen mit dem weiterbildenden Online-Studienprogramm Educational Media zählt Witt (2003) folgende Kriterien auf:   
* effiziente mediendidaktische Konzeption,  
* effiziente mediendidaktische Konzeption,  
* Prozessorientierung des Lernarrangements,  
* Prozessorientierung des [[Lernarrangements]],  
* Didaktisch-sinnvolle Kombination von Präsenz- und Online-Meetings,  
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* Betreuung der Lernenden,   
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* Gute technische Infrastruktur der Hochschule sowie der optimal geregelter Support. (Vgl. <cite pages="193">Petko+et+al.+2009</cite>)
* Gute technische Infrastruktur der Hochschule sowie der optimal geregelter Support. (Vgl. <cite pages="193">Petko+et+al.+2009</cite>)


Am Beispiel des von der EU finanzierten Projektes “Electronic Learning and Assistan­ce Network” (ELAN) entwickelten Iske & Meder ein didaktisch fundiertes und am Lernenden orientiertes, relationales Qualitätsverständnis. Auf der Basis des von den Autoren entwickelten Katalogs relationaler Qualitätskriterien (RQCC) beschreiben die Autoren darüber hinaus eine Relationale Evaluation, die im Zusammenspiel zwischen Autoren und Lernenden der Qualitätssicherung von Lernarrangements dient (vgl. <cite>Iske+Meder+2009</cite>; <cite> Iske+2011</cite>). Demnach wird Qualität nicht substanziell, sondern als Eigenschaft einer angemessenen Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung verstanden.   
Am Beispiel des von der EU finanzierten Projektes “Electronic Learning and Assistan­ce Network” (ELAN) entwickelten Iske & Meder ein didaktisch fundiertes und am Lernenden orientiertes, relationales Qualitätsverständnis. Auf der Basis des von den Autoren entwickelten Katalogs relationaler Qualitätskriterien (RQCC) beschreiben die Autoren darüber hinaus eine Relationale Evaluation, die im Zusammenspiel zwischen Autoren und Lernenden der Qualitätssicherung von [[Lernarrangements]] dient (vgl. <cite>Iske+Meder+2009</cite>; <cite> Iske+2011</cite>). Demnach wird Qualität nicht substanziell, sondern als Eigenschaft einer angemessenen Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung verstanden.   


Die Vorteile von Checklisten sind Praxisnähe und gute Orientierung der spezifischen Kontexte, kritisch gesehen hingegen wird die fehlende Systematisierung und der unklare Zusammenhang. Dies zeigt sich insbesondere bei Lernprozessen, die auf eine Auseinandersetzung mit interpretationsbedürftigen Texten durch Kommentieren, Analysieren und Systematisieren hin angelegt sind  (vgl. <cite pages="2">Iske+2011</cite>).
Die Vorteile von Checklisten sind Praxisnähe und gute Orientierung der spezifischen Kontexte, kritisch gesehen hingegen wird die fehlende Systematisierung und der unklare Zusammenhang. Dies zeigt sich insbesondere bei Lernprozessen, die auf eine Auseinandersetzung mit interpretationsbedürftigen Texten durch Kommentieren, Analysieren und Systematisieren hin angelegt sind  (vgl. <cite pages="2">Iske+2011</cite>).


Die Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung wird mit den Begriffen Angemessenheit, Zusammenspiel, Passung und Übereinstimmung beschrieben. Auf der Qualitätsanalyse baut eine Qualitätsbeurteilung auf, an der die Lernenden auch als “Ko-Produzenten von Qualität” (Iske) teilnehmen können. Ausgangspunkt ist der konkrete Lernprozess aus der Sicht der Lernenden, der unterschiedliche Möglichkeitsräume <ref> vgl. dazu “Potenzieller Raum”, in dem sich das Subjekt die Welt erschließt oder Spielraum  (<cite>Sesink+2002</cite>) </ref> für das je individuelle Lernen eröffnet. Angestrebt ist demnach kein Katalog von Qualitätsmerkmalen, der auf jedes Lernarrangement, jede Zielgruppe und jeden Lernenden anzuwenden wäre, sondern Qualität wird immer in Abhängigkeit von einem konkreten Lehr-Lern-Szenarium definiert und geprüft. Angemessenheit und Passung können bspw. überprüft werden, indem die definierte Zielgruppe in Relation zu den beschriebenen Lernzielen, dem Schwierigkeitsgrad der Lehrinhalte, den erforderlichen Vorkenntnissen, der Lernzeit etc. gesetzt und analysiert wird. Aus der Perspektive der Lehrenden sind diese Räume zugleich didaktische Entscheidungsräume, auf deren Basis sie das konkrete Lernarrangement “quasi vor ihrem inneren Auge” (Iske) gestalten.  
Die Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung wird mit den Begriffen Angemessenheit, Zusammenspiel, Passung und Übereinstimmung beschrieben. Auf der Qualitätsanalyse baut eine Qualitätsbeurteilung auf, an der die Lernenden auch als “Ko-Produzenten von Qualität” (Iske) teilnehmen können. Ausgangspunkt ist der konkrete Lernprozess aus der Sicht der Lernenden, der unterschiedliche Möglichkeitsräume <ref> vgl. dazu “Potenzieller Raum”, in dem sich das Subjekt die Welt erschließt oder Spielraum  (<cite>Sesink+2002</cite>) </ref> für das je individuelle Lernen eröffnet. Angestrebt ist demnach kein Katalog von Qualitätsmerkmalen, der auf jedes [ [[Lernarrangements|Lernarrangement]], jede Zielgruppe und jeden Lernenden anzuwenden wäre, sondern Qualität wird immer in Abhängigkeit von einem konkreten Lehr-Lern-Szenarium definiert und geprüft. Angemessenheit und Passung können bspw. überprüft werden, indem die definierte Zielgruppe in Relation zu den beschriebenen Lernzielen, dem Schwierigkeitsgrad der Lehrinhalte, den erforderlichen Vorkenntnissen, der Lernzeit etc. gesetzt und analysiert wird. Aus der Perspektive der Lehrenden sind diese Räume zugleich didaktische Entscheidungsräume, auf deren Basis sie das konkrete [[Lernarrangements|Lernarrangement]] “quasi vor ihrem inneren Auge” (Iske) gestalten.  


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Der Möglichkeitsraum als Entscheidungsraum enthält somit didaktische Gestaltungselemente, die durch die Entscheidung eines Autors in ein konkretes Lernarrangement implementiert werden ... (<cite pages="3">Iske+2011</cite>)
Der Möglichkeitsraum als Entscheidungsraum enthält somit didaktische Gestaltungselemente, die durch die Entscheidung eines Autors in ein konkretes [[Lernarrangements|Lernarrangement]] implementiert werden ... (<cite pages="3">Iske+2011</cite>)
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[[File:iske_meder_möglichkeitsräume.png]]
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# '''Zielgruppe der Lernenden (M0)''' - mögliche Fragen sind: für welche Zielgruppe wird das Lernarrangement gestaltet? Welche Vorkenntnisse werden von den Lernenden mitgebracht? Welche Vorwissen ist unabdingbar? Wie kann sichergestellt werden, dass alle Lernende dieses Vorwissen mitbringen? Gibt es Möglichkeiten die Wissensstände zu überprüfen und ggf. aufzuholen? Ist der Lehrinhalt den Vorkenntnissen und Lernzielen angemessen? Wie lange soll ein Lernprozess dauern? Wie kann der Schwierigkeitsgrad des Lehrinhalts (aber auch der Aufgaben, Tests etc.) dem Kenntnisstand und Vorwissen der Lernenden angepasst werden? Ist die Zielgruppe mehrheitlich aus Lernungewohnten (eindeutige Lernstruktur) oder selbstständig Lernenden (offene Struktur)  zusammengesetzt? Wie ist mit Mischgruppen umzugehen?
# '''Zielgruppe der Lernenden (M0)''' - mögliche Fragen sind: für welche Zielgruppe wird das [[Lernarrangements|Lernarrangement]] gestaltet? Welche Vorkenntnisse werden von den Lernenden mitgebracht? Welche Vorwissen ist unabdingbar? Wie kann sichergestellt werden, dass alle Lernende dieses Vorwissen mitbringen? Gibt es Möglichkeiten die Wissensstände zu überprüfen und ggf. aufzuholen? Ist der Lehrinhalt den Vorkenntnissen und Lernzielen angemessen? Wie lange soll ein Lernprozess dauern? Wie kann der Schwierigkeitsgrad des Lehrinhalts (aber auch der Aufgaben, Tests etc.) dem Kenntnisstand und Vorwissen der Lernenden angepasst werden? Ist die Zielgruppe mehrheitlich aus Lernungewohnten (eindeutige Lernstruktur) oder selbstständig Lernenden (offene Struktur)  zusammengesetzt? Wie ist mit Mischgruppen umzugehen?
# '''Raum der Lernanregungen (M1)''' - Werden Lernanreize im Sinne von Animieren und Motivieren angeboten? Gibt es einen oder mehrere Anreize, die den Verlauf der Lernprozesse begleiten? Sind die Lernanregungen dem Lehr-Lern-Szenarium angemessen? Wie unterstützen die Anreize zu Beginn bzw. im weiteren Verlauf des Lernprozesses die Lernenden?  
# '''Raum der Lernanregungen (M1)''' - Werden Lernanreize im Sinne von Animieren und Motivieren angeboten? Gibt es einen oder mehrere Anreize, die den Verlauf der Lernprozesse begleiten? Sind die Lernanregungen dem Lehr-Lern-Szenarium angemessen? Wie unterstützen die Anreize zu Beginn bzw. im weiteren Verlauf des Lernprozesses die Lernenden?  
# '''Raum der Lernprozesse (M2)''' - Sind die Lernprozesse innerhalb des Lernarrangements angemessen strukturiert? Ist die Struktur den Vorkenntnissen und den Wissenständen der Lernenden angemessen? In welchem Verhältnis stehen Lernpfade zu den Lehrinhalten und den Vorkenntnissen der Lernenden? Sieht die Struktur nur einen Lernweg vor oder mehrere?  
# '''Raum der Lernprozesse (M2)''' - Sind die Lernprozesse innerhalb des [[Lernarrangements]] angemessen strukturiert? Ist die Struktur den Vorkenntnissen und den Wissenständen der Lernenden angemessen? In welchem Verhältnis stehen Lernpfade zu den Lehrinhalten und den Vorkenntnissen der Lernenden? Sieht die Struktur nur einen Lernweg vor oder mehrere?  
# '''Raum der Lernunterstützung (M3)''' - Gibt es geeignete Hilfestellungen für die Lernenden, mit denen sie Hindernisse und Barrieren bewältigen können? Ist diese Unterstützung im Lehr-Lern-Szenarium auf die Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt? Gibt es auf jeden Fehler eine detaillierte Rückmeldung? Werden die häufigsten Schwierigkeiten mit entsprechenden Lösungen in einer Dokumentation angeboten?
# '''Raum der Lernunterstützung (M3)''' - Gibt es geeignete Hilfestellungen für die Lernenden, mit denen sie Hindernisse und Barrieren bewältigen können? Ist diese Unterstützung im Lehr-Lern-Szenarium auf die Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt? Gibt es auf jeden Fehler eine detaillierte Rückmeldung? Werden die häufigsten Schwierigkeiten mit entsprechenden Lösungen in einer Dokumentation angeboten?
# '''Raum der Rückmeldung zu Lernprozessen (M4)''' - Welche Art von Rückmeldungen gibt es innerhalb des Lehr-Lern-Szenariums hinsichtlich der Lernschritte und der Lernergebnisse? Beinhaltet die Rückmeldung lediglich das Erreichen des Lernziels (einen Note, bestanden oder nicht bestanden), sondern auch die Art und Weise des Lernprozesses auf das Ziel (detaillierte Analyse) hin? Welche Aufgabentypen werden zur Erzielung der Lernresultate verwendet? Wer beurteilt die Lösung, das Lernresultat? Wer teilt dem Lernenden das Ergebnis mit, und wie? Zu welchem Zeitpunkt bzw. welchen Zeitpunkten erfolgt die Rückmeldung?
# '''Raum der Rückmeldung zu Lernprozessen (M4)''' - Welche Art von Rückmeldungen gibt es innerhalb des Lehr-Lern-Szenariums hinsichtlich der Lernschritte und der Lernergebnisse? Beinhaltet die Rückmeldung lediglich das Erreichen des Lernziels (einen Note, bestanden oder nicht bestanden), sondern auch die Art und Weise des Lernprozesses auf das Ziel (detaillierte Analyse) hin? Welche Aufgabentypen werden zur Erzielung der Lernresultate verwendet? Wer beurteilt die Lösung, das Lernresultat? Wer teilt dem Lernenden das Ergebnis mit, und wie? Zu welchem Zeitpunkt bzw. welchen Zeitpunkten erfolgt die Rückmeldung?

Version vom 25. April 2018, 13:10 Uhr

Welche Merkmale für Qualität und förderliche Bedingungen eines BL-Lehr-Lern-Szenariums, die für die Umsetzung in Berufsschulen infrage kommen, lassen sich aufgrund bisheriger Erfahrungen aus der Praxis anderer Bildungsinstitutionen benennen?

Basierend auf Erfahrungen mit dem weiterbildenden Online-Studienprogramm Educational Media zählt Witt (2003) folgende Kriterien auf:

  • effiziente mediendidaktische Konzeption,
  • Prozessorientierung des Lernarrangements,
  • Didaktisch-sinnvolle Kombination von Präsenz- und Online-Meetings,
  • Betreuung der Lernenden,
  • Verpflichtung der Lernenden zur Kollaboration,
  • kontinuierliche Evaluation,
  • verwaltungstechnische Flexibilität. (Vgl. Witt 2003, S. 9)

Etwas detaillierter werden die Merkmale für Qualität und förderliche Bedingungen eines BL-Lehr-Lern-Szenariums von Petko e.a. am Beispiel BL in der Lehrerbildung an der Pädagogischen Hochschule Schwyz, die im Herbst 2005 startete, beschrieben (Vgl. ). Die im ersten Schritt erarbeiteten und erprobten Module (Lehrinhalte) werden von einer hochschulinternen Qualitätskommission auf der Basis eines Kriterienkatalogs geprüft. Wesentliches Kriterium war dabei die Abstimmung der Dauer von Präsenz- und Online-Phasen sowie der Termine für die Abgabe von Arbeitsaufträgen oder Leistungsanforderungen. Des Weiteren sollen die Arbeitsaufträge praxisnah und herausfordernd und die Leistungsanforderungen transparent und produktorientiert gestaltet sein, unterteilt nach verbindlich vs. optional sowie individuellen vs. kooperativen oder kollaborativen Arbeiten. Ebenso wichtig ist das optimale Funktionieren der digitalen Lernplattformen, die den Lernenden nicht nur bekannt, sondern auch vertraut sein sollen. Bei der Gestaltung der Lehrinhalte (Module) werden nach Maßgabe mediendidaktischer Vorgaben multimediale Elemente eingesetzt. Die betreuenden Lehrkräfte verstehen sich als Coaches, die in unterschiedlichen kommunikativen Kanälen (on- und offline) den Lernenden zur Seite stehen. Diese den Lernprozess stützenden Strukturen sollen im Sinne eines Cognitive-Apprenticeship-Modells schrittweise abgebaut werden, ohne die individuellen Lernwege zu beseitigen.

Im Rückblick beschreiben Petko et al. die förderlichen Bedingungen für dieses BL-Lehr-Lern-Szenariums wie folgt:

  • Entschlossenheit der Hochschulleitung, BL zu einem Profilelement der Hochschule zu machen,
  • Konsequente und relativ schnelle Umsetzung von BL an einer kleinen Hochschule,
  • Didaktische Aufgeschlossenheit der Lehrenden gegenüber dem neuen, digitalen Format der Lehre,
  • Wachsende Kompetenzen der Lehrenden durch interne Weiterbildung und Beratung,
  • Gute technische Infrastruktur der Hochschule sowie der optimal geregelter Support. (Vgl. Petko et al. 2009, S. 193)

Am Beispiel des von der EU finanzierten Projektes “Electronic Learning and Assistan­ce Network” (ELAN) entwickelten Iske & Meder ein didaktisch fundiertes und am Lernenden orientiertes, relationales Qualitätsverständnis. Auf der Basis des von den Autoren entwickelten Katalogs relationaler Qualitätskriterien (RQCC) beschreiben die Autoren darüber hinaus eine Relationale Evaluation, die im Zusammenspiel zwischen Autoren und Lernenden der Qualitätssicherung von Lernarrangements dient (vgl. ; ). Demnach wird Qualität nicht substanziell, sondern als Eigenschaft einer angemessenen Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung verstanden.

Die Vorteile von Checklisten sind Praxisnähe und gute Orientierung der spezifischen Kontexte, kritisch gesehen hingegen wird die fehlende Systematisierung und der unklare Zusammenhang. Dies zeigt sich insbesondere bei Lernprozessen, die auf eine Auseinandersetzung mit interpretationsbedürftigen Texten durch Kommentieren, Analysieren und Systematisieren hin angelegt sind (vgl. ).

Die Beziehung zwischen Lernenden und Lernumgebung wird mit den Begriffen Angemessenheit, Zusammenspiel, Passung und Übereinstimmung beschrieben. Auf der Qualitätsanalyse baut eine Qualitätsbeurteilung auf, an der die Lernenden auch als “Ko-Produzenten von Qualität” (Iske) teilnehmen können. Ausgangspunkt ist der konkrete Lernprozess aus der Sicht der Lernenden, der unterschiedliche Möglichkeitsräume [1] für das je individuelle Lernen eröffnet. Angestrebt ist demnach kein Katalog von Qualitätsmerkmalen, der auf jedes [ Lernarrangement, jede Zielgruppe und jeden Lernenden anzuwenden wäre, sondern Qualität wird immer in Abhängigkeit von einem konkreten Lehr-Lern-Szenarium definiert und geprüft. Angemessenheit und Passung können bspw. überprüft werden, indem die definierte Zielgruppe in Relation zu den beschriebenen Lernzielen, dem Schwierigkeitsgrad der Lehrinhalte, den erforderlichen Vorkenntnissen, der Lernzeit etc. gesetzt und analysiert wird. Aus der Perspektive der Lehrenden sind diese Räume zugleich didaktische Entscheidungsräume, auf deren Basis sie das konkrete Lernarrangement “quasi vor ihrem inneren Auge” (Iske) gestalten.

Zitat

Der Möglichkeitsraum als Entscheidungsraum enthält somit didaktische Gestaltungselemente, die durch die Entscheidung eines Autors in ein konkretes Lernarrangement implementiert werden ... ()


Iske und Meder unterscheiden 4 Möglichkeitsräume (M1 - M4) und die eigentliche Zielgruppe der Lernenden (M0):

Moeglichkeitsraeume zielgruppe lernende des gra de.png

Iske meder möglichkeitsräume.png

  1. Zielgruppe der Lernenden (M0) - mögliche Fragen sind: für welche Zielgruppe wird das Lernarrangement gestaltet? Welche Vorkenntnisse werden von den Lernenden mitgebracht? Welche Vorwissen ist unabdingbar? Wie kann sichergestellt werden, dass alle Lernende dieses Vorwissen mitbringen? Gibt es Möglichkeiten die Wissensstände zu überprüfen und ggf. aufzuholen? Ist der Lehrinhalt den Vorkenntnissen und Lernzielen angemessen? Wie lange soll ein Lernprozess dauern? Wie kann der Schwierigkeitsgrad des Lehrinhalts (aber auch der Aufgaben, Tests etc.) dem Kenntnisstand und Vorwissen der Lernenden angepasst werden? Ist die Zielgruppe mehrheitlich aus Lernungewohnten (eindeutige Lernstruktur) oder selbstständig Lernenden (offene Struktur) zusammengesetzt? Wie ist mit Mischgruppen umzugehen?
  2. Raum der Lernanregungen (M1) - Werden Lernanreize im Sinne von Animieren und Motivieren angeboten? Gibt es einen oder mehrere Anreize, die den Verlauf der Lernprozesse begleiten? Sind die Lernanregungen dem Lehr-Lern-Szenarium angemessen? Wie unterstützen die Anreize zu Beginn bzw. im weiteren Verlauf des Lernprozesses die Lernenden?
  3. Raum der Lernprozesse (M2) - Sind die Lernprozesse innerhalb des Lernarrangements angemessen strukturiert? Ist die Struktur den Vorkenntnissen und den Wissenständen der Lernenden angemessen? In welchem Verhältnis stehen Lernpfade zu den Lehrinhalten und den Vorkenntnissen der Lernenden? Sieht die Struktur nur einen Lernweg vor oder mehrere?
  4. Raum der Lernunterstützung (M3) - Gibt es geeignete Hilfestellungen für die Lernenden, mit denen sie Hindernisse und Barrieren bewältigen können? Ist diese Unterstützung im Lehr-Lern-Szenarium auf die Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt? Gibt es auf jeden Fehler eine detaillierte Rückmeldung? Werden die häufigsten Schwierigkeiten mit entsprechenden Lösungen in einer Dokumentation angeboten?
  5. Raum der Rückmeldung zu Lernprozessen (M4) - Welche Art von Rückmeldungen gibt es innerhalb des Lehr-Lern-Szenariums hinsichtlich der Lernschritte und der Lernergebnisse? Beinhaltet die Rückmeldung lediglich das Erreichen des Lernziels (einen Note, bestanden oder nicht bestanden), sondern auch die Art und Weise des Lernprozesses auf das Ziel (detaillierte Analyse) hin? Welche Aufgabentypen werden zur Erzielung der Lernresultate verwendet? Wer beurteilt die Lösung, das Lernresultat? Wer teilt dem Lernenden das Ergebnis mit, und wie? Zu welchem Zeitpunkt bzw. welchen Zeitpunkten erfolgt die Rückmeldung?

Die Möglichkeitsräume stehen in einem spezifischen Verhältnis zueinander und erst im wechselseitigen Bezug aufeinander kann sich die didaktische Bedeutung für die Qualität des Lehr-Lern-Szenariums entfalten.

Diese Beispiele für Qualitätsmerkmale digitaler Lehr-Lern-Szenarien bleiben sehr allgemein (Betreuung der Lernenden, Witt) und beziehen sich auf die Rahmenbedingungen einer Hochschule (Witt, Petko). Allein Iske & Meder erweitern den Blick auf Lehr-Lern-Szenarien unabhängig von der Rahmenstruktur (Bildungsorganisation) und fokussieren die Beziehung der Lernenden zur konkreten Lernumgebung in einer strukturierten und detaillierten Weise. Die skizzierten Lernräume (M0 - M4) mit jeweiligen Fragestellungen sind in BL-Projekten von entscheidender Bedeutung, um hinsichtlich der Qualität einen Kriterienkatalog zu entwickeln.



  1. vgl. dazu “Potenzieller Raum”, in dem sich das Subjekt die Welt erschließt oder Spielraum ()